Totengedenken der DJK Karlsruhe-Ost

am 22. November 2015 um 11:30 Uhr

Clubhaus DJK Karlsruhe-Ost

Liebe Vereinsmitglieder,

ich möchte Euch zu unserer Gedenkfeier ganz herzlich begrüßen und bedanke mich schon jetzt bei Diakon Stefan Baumstark, der ein geistliches Wort sprechen wird und bedanke mich bei Patrick Russ, der unsere Feierstunde musikalisch umrahmt.

Am heutigen Totensonntag, mit dem das Kirchenjahr eine Woche vor Advent schließt, gedenken wir an dieser Stelle traditionell unserer verstorbenen Angehörigen und Freunde. Erstmals 1816, also vor knapp 200 Jahren, wurde im protestantischen Preußen im Gedenken an die Opfer der Befreiungskriege gegen die napoleonische Vorherrschaft in Europa dieser besondere Feiertag begangen. Die Begriffe Totensonntag oder Ewigkeitssonntag stehen mittlerweile gleichberechtigt nebeneinander, kennzeichnen jedoch unterschiedliche Ansätze: Für den Totensonntag stehen gleichsam Trauer und Schmerz, für den Ewigkeitssonntag die Hoffnung auf die Auferstehung.

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Wir haben uns beim Gedenkstein unseres Clubhauses versammelt, um in Liebe und Dankbarkeit der Menschen zu erinnern, die uns in unserem Leben besonders nahe gestanden haben: Familienangehörige, Freunde, Bekannte und Vereinskameraden. Bevor wir derer gedenken, die nicht mehr bei uns sind, lohnt es sich über das Leben nachzudenken. Der römische Philosoph und Staatsmann Seneca, der in der Regierungszeit Neros – um das Jahr 60 nach Christi – gewirkt hat, hat uns mehrere Schriften hinterlassen. Eine davon trägt den Titel „De brevitate vitae“ (Von der Kürze des Lebens). Hierin stellt der Philosoph die Frage nach dem guten oder schlechten Gebrauch des Lebens unabhängig von dessen Dauer, die uns im Einzelfall beschieden ist. Die Erkenntnisse, die er gewann, sind völlig unberührt vom Christentum, dessen Anhänger zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr als eine Sekte gebildet haben dürfte. Und dennoch ist Senecas Schrift auch fast 2.000 Jahre nach der Entstehung in ihren Gedanken aktuell.

Viele Menschen klagen über die Kürze des Lebens, verschwenden aber ihre Zeit mit dem Streben nach Reichtum und Macht. Hat jemand jedoch Reichtum und Macht erlangt – also ein äußerlich glückliches Leben erreicht – so ist dieses dennoch stets von Gefahren und Zufällen aller Art bedroht. Andere widmen sich Vergnügungen aller Art, Hauptsache Spaß und davon so viel wie möglich, wiederum andere zögern ihr ganzes Leben, sind entweder träge oder verschieben ständig Dinge in eine unbestimmte Zukunft. Weder das Streben nach Macht als Selbstzweck, noch der Rausch oder die Trägheit können und werden zu einem erfüllten Leben führen – ich denke, wir können diese Thesen Senecas tragen und sie sind gültig bis in unsere Zeit hinein.

Was aber ist die Alternative? Seneca sagt: Das Leben ist lang genug, wenn es (richtig) genutzt wird. Die Vergangenheit ist unabänderlich, die Zukunft ungewiss und die Gegenwart – also das Jetzt – äußerst flüchtig. Um die Gegenwart richtig zu nutzen, empfiehlt der Philosoph selbstverständlich die Beschäftigung mit der Philosophie und deren Erkenntnisse. Zu vermeiden gelte es sich mit dem Betrachten von Wettkämpfen, Spiel und Sport oder dem sinnlosem Sammeln von Kunst etc. zu beschäftigen. Bei allem Wahrheitsgehalt der Schrift von Seneca – nämlich die Zeit und damit das eigene Leben richtig zu nutzen – müssen wir jedoch feststellen, dass es Christen nicht genügt, dass jeder nur für sich ein richtiges Leben führt, sondern ein richtiges Leben auch für andere.

Als Teil der katholischen Kirche trägt die DJK mit ihrem Dreiklang „Sport – Gemeinschaft – christlicher Glaube“ zu einem Leben bei, nicht nur für sich, sondern auch für andere ein gutes, ein richtiges Leben zu führen. Als der Sportplatz oder das Clubhaus vor rund 60 Jahren errichtet wurden, haben die Mitglieder der DJK Ost diese Projekte in Angriff genommen, damit Leib und Seele einer Gemeinschaft profitieren. In unzähligen Stunden damals bis heute wirken Mitglieder unseres Vereins uneigennützig nicht nur für sich oder eine Sache, sondern für eine Gemeinschaft.

Und diese Gemeinschaft besteht auch über das Leben hinaus, wenn wir uns heute ein wenig Zeit nehmen und die Geschäftigkeit unserer Zeit für einen Moment verlassen. Mit Dankbarkeit dürfen wir uns an die Erinnern, die unseren Verein vor etwas über 60 Jahren wieder gegründet und über die Jahrzehnte hinweg getragen haben. Der Totensonntag ist ein solcher Tag, ein Gedenkstein ein solcher Ort und wir eine Gemeinschaft, die diese Tradition aufrecht erhält.

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Die Menschen sind es, die einen Verein prägen und jedem Verein ein besonderes Gesicht geben. So unterschiedlich wir alle sind, so unterschiedlich haben wir die Möglichkeiten uns in eine Gemeinschaft einzubringen, um gemeinsam etwas zu erreichen, an Zielen zu arbeiten und Freude mit anderen zu teilen. Von diesen besonderen Fähigkeiten, über die jeder und jede einzelne verfügt, machen heutzutage immer weniger Menschen Gebrauch. Vereine – ganz gleich welcher Prägung – stehen heute vor großen Herausforderungen und die Prognosen sind nicht immer rosig: immer weniger Kinder und Jugendliche, die Mitgliederzahlen schwinden, der Altersdurchschnitt steigt an. Die freie Zeit nutzen viele Menschen – auch für den Sport – aber bitte ohne feste Übungszeiten und Verpflichtungen. Diese Tendenzen zur Vereinzelung sind konsequente Ausprägungen einer Entwicklung, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der Industrialisierung begann, als die dörflichen Strukturen aufgebrochen wurden und die Menschen im Takt der Maschinen arbeiten mussten. Vereine boten den Menschen damals und bis vor wenigen Jahrzehnten sichere Orte Gemeinschaften zu bilden. Heute stehen diese Vereine selbst im Fokus des Überlebens. Nicht nur das Überleben, sondern die Weiterentwicklung mit Mut nach vorne, bei Bewahrung der Traditionen, muss das Ziel unseres Handelns sein, dies sind wir auch denjenigen schuldig, die diesen Verein aufgebaut und entwickelt haben.

Ein Verein wie unserer, der auf Traditionen zählt, darf an diesem Tage auch ein wenig stolz darauf sein, dass wir diese Gedenkfeier mit einer Zusammenkunft am Ehrenmal aufrecht erhalten. Die an Totensonntag gepflegte Tradition gehört zu den wenigen den gesamten Verein betreffenden Zusammenkünften, sie stellt damit genau betrachtet ein zentrales und gemeinsam erlebbares Ereignis dar. Das Gedenken an die Toten und die Gewissheit der Auferstehung sind Fundamente christlicher Überzeugung und die DJK ist sich dieser Verpflichtung bewusst.

Dieser Tag, dieses Gedenken, bietet auch Gelegenheit Dank zu sagen: Dank an all jene, die unser Leben bereichert und mitgeprägt haben, Dank an all jene, die durch Ihr großartiges Engagement, zum Teil über Jahrzehnte hinweg, unseren Verein mitgestaltet haben. In dem gemeinsam Erreichten steht auch eine doppelte Verantwortung für uns: Wir wollen Vergangenes bewahren und – wie gesagt – die Zukunft aktiv gestalten. Nicht um die Bewahrung der Asche darf es gehen, sondern um das Weitertragen einer Flamme. Ob uns dieses letztendlich gelingen wird, wissen wir nicht, doch haben wir die Verpflichtung alles dafür zu tun: jeder mit seinen individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten. Wir gehen damit auch den Weg derjenigen, über die wir heute trauern.

Auch in diesem Jahr mussten wir wieder von Bekannten, Verwandten und Freunden Abschied nehmen. In erster Linie sind natürlich zuerst die engsten Angehörigen und Verwandten von Trauer und Schmerz ergriffen und es braucht Zeit, diese Trauer zu verarbeiten, um sie überwinden zu können. Immer wieder helfen hierbei Gebete für die Verstorbenen, wie diese bereits bei den frühen Christen überliefert sind. Doch oftmals kann nicht sofort der Glaube an eine Wiederauferstehung über den ersten Schmerz hinweghelfen. Wer aber seinen Schmerz mit anderen teilen kann und wer von diesen anderen in einer Gemeinschaft aufgefangen wird, wird schneller Trost und wieder Zuversicht in die Zukunft gewinnen.

Von der Zuversicht wollen wir uns tragen lassen und ein richtiges Leben auch für andere führen. Als im vergangenen Dezember mein Vater, Ewald Breitkopf, im Alter von 92 Jahren verstorben ist, ging ein langes und richtiges Leben zu Ende. Er hat viel für andere getan, für wohltätige Organisationen gespendet, um anderen ein besseres Leben zu ermöglichen. Ich möchte mich an dieser Stelle nochmals ganz herzlich für Eure – auch persönliche – Anteilnahme bei der Trauerfeier und die vielen stärkenden Worte bedanken.

Seit dem ersten Totengedenken an dieser Stelle vor 40 Jahren haben viele von Euch, die Ihr an dieser heutigen Gedenkveranstaltung teilnehmt, Vereinskameraden und -kameradinnen verloren, die Euch und uns über Jahre und Jahrzehnte begleitet haben. Doch für Christen sind die Gräber von Angehörigen nicht allein Stätten des Trauerns und des Erinnerns, sondern Orte der Hoffnung auf das ewige Leben.

In diesem Jahr erinnern wir insbesondere an:

Pfarrer Fritz Wiebelt (* 1935, † 14.12.2014)

die Opfer des Terroranschlags in Paris

Lasst uns einen Moment innehalten.

Wir gedenken heute all jener Menschen, die wir im familiären Kreis, im Kreise von Verwandten, Freunden, Vereinskameraden durch Tod verloren haben. Wir trauern mit allen, die Leid tragen um die Toten. Wir erinnern an sie und lassen sie damit weiter teilhaben an unserer Gemeinschaft.

Bernd Breitkopf
1. Vorsitzender